Antifaschistischer Jahresbericht 2022 (2): Ganderkesee

Die AfD in der Gemeinde

Hinsichtlich der Wahlergebnisse bei der Landtagswahl am 09.10. liegt die Gemeinde Ganderkesee bezüglich der AfD-Zweitstimmen mit 10,65% der abgegebenen Stimmen kreisweit leicht über und landesweit leicht unter dem Durchschnitt. Innerhalb der Gemeinde fallen die Ortsteile Almsloh, Bergedorf, Elmeloh, Hoykenkamp und Steinkimmen mit AfD-Ergebnissen von über 15% auf.

Angesichts dieser Ergebnisse möchten wir den aktiven Wahlkampfhelfer Udo von Seggern aus Ganderkesee vorstellen, welcher spätestens seit 2015 AfD-Mitglied ist, wie aus dem Mitglieder-Datenleck von 2015 hervorgeht.

Der ehemalige Kommunalwahl-Kandidat der Freien Wähler, von Seggern, war seitdem vermutlich kontinuierlich in der AfD aktiv. Am 20.04.2019 schrieb er unter einem Wahlkampfstand-Bild von Harm Rykena: „Und in Harpstedt(OL Land)500, Fleyer in die Briefkästen.“ (sic!), was darauf schließen lässt, dass er in die Details der Wahlkampfplanung eingeweiht gewesen ist. Offenbar hilft er nach wie vor im Wahlkampf der lokalen AfD, was aus einem Bild vom 11.09.2022 hervorgeht.

Udo von Seggern (2v.l.) auf einem Gruppenfoto vom AfD-Wahlkampf in Delmenhorst. Bildquelle: Meta

Spannend ist außerdem die Frage nach einem möglichen Verwandtschaftsverhältnis zu Jonathan von Seggern aus Bookholzberg, der als Jugendlicher in den neonazistischen Strukturen im Raum Delmenhorst aktiv gewesen ist. In einem Bericht der „Antifa Delmenhorst [NEVER AGAIN]“ wird u.a. ein bewaffneter Angriff auf ein Jugendzentrum beschrieben, an dem Jonathan von Seggern beteiligt gewesen sei.

Familienfoto der von Seggerns auf dem Jahr 2009, auf dem das Familienwappen stolz gezeigt wird. Zu sehen: Jonathan von Seggern (rechts), der damals bereits in militanten Nazistrukturen aktiv war. Was Jonathan heute macht, ist unbekannt. Bildquelle: Nordwest-Zeitung

Eine weitere offene Frage ist, ob es sich bei Udo von Seggern um den Bremer Politiker der Deutschen Volksunion (DVU), Horst-Udo von Seggern, handelt, der als „sachkundiger Bürger“ von der Bremer DVU-Fraktion in den 1990er Jahren in den Sport-Ausschuss entsandt worden war. In einer Broschüre der „Autonomen Infogruppe Kiel“ aus dem Dezember 1993 wiederum wird ein Udo von Seggern als Beisitzer des Landesvorstands der DVU Bremen angegeben (Stand: 16.06.1993). Diese Broschüre ist in mehreren Teilen in einem Google-Forum dokumentiert worden. Über Hinweise über mögliche Verwandschaftsverhältnisse zwischen Jonathan von Seggern und Udo von Seggern bzw. zur Frage der möglichen Identität von (Horst-)Udo von Seggern (DVU) und Udo von Seggern (AfD) wären wir dankbar.

Aus dem oben angesprochenen AfD-Datenleck von 2015 geht außerdem hervor, dass die Ganderkeseer Marc Volkmer und der Polizeioberkommisar Sebastian Nitsch zu diesem Zeitpunkt AfD-Mitglieder waren. Nitsch ist aktuell Beauftragter für Jugendsachen (BfJ) und Koordinator des Präventionsteams bei der Polizeiinspektion Delmenhorst/ Oldenburg-Land/ Wesermarsch und macht als solcher beispielsweise Präventionsarbeit zu Drogen oder Cybermobbing an Schulen. Seinen Facebook-Aktivitäten zufolge steht er mittlerweile eher dem rechten Rand der CDU, der „Werte Union“, sowie der rechten „Deutschen Polizeigewerkschaft“ (DPolG) um Reiner Wendt, nahe.

Rechte Kampfsportszene im Landkreis

Wenn wir rechte Strukturen in der Gemeinde Ganderkesee betrachten, darf ein Blick auf die Kampfsportszene nicht fehlen. Die NWZ schrieb in ihrem Jahresrückblick 2022 mit der „Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus für Demokratie Niedersachsen“ (MBT):

Sorgen macht er [Jan Krieger; d. Verf.] sich hingegen angesichts einer gut vernetzten rechten Kampfsportszene: ‚Ganderkesee ist einer der Dreh- und Angelpunkte der Neonazi-Kampfsportszene. Hier trainieren und vernetzten sich Neonazis, die auch bei bundesweiten Kampfsportevents der rechten Szene auftreten.’“

Was ist damit konkret gemeint? Wichtigster Akteur der lokalen rechten Kampfsportszene ist Nazi-Trainer Danny Gierden, über den schon diverse Recherchen geschrieben worden sind. Dennoch ist Gierden, Betreiber des szenebekannten Kampfsportstudios „Chang Tong Gym“ (CTG) in Prinzhöfte (Samtgemeinde Harpstedt), weiterhin Trainer im Fitnessstudio „Life Studio“ in Ganderkesee – trotz Flugblattaktionen und einer Demonstration, die u.a. über Dannys Umtriebe aufklärte. Auch ist er nach wie vor im gesellschaftlichen Leben Ganderkesees präsent und schoss sich im Sommer 2022 zum „Volkskönig“ auf dem Schützenfest, wie die NWZ in einem Artikel berichtete. Der Titel des Volkskönigs wird unter Nicht-Mitgliedern eines Schützenvereins ausgeschossen.

Danny Gierden (2.v.l.; blaues T-Shirt) mit dem restlichen „Könighaus 2022“ auf dem Schützenfest. Bildquelle: Schützenverein Ganderkesee von 1890 e. V.

Warum ist es gerade im ländlich-kleinstädtischen Raum so schwer, Druck auf extrem Rechte auszuüben? In dem Buch „Rechte Bedrohungsallianzen“ von Wilhelm Heitmeyer, Manuela Freiheit und Peter Sitzer wird u.a. dieser Frage nachgegangen. Demnach sind es vor allem die Intensität der persönlichen Beziehungen, die dazu führen, dass Menschen aus Harmoniebedürftigkeit den Konflikt mit den Nachbarn, der Schulfreundin oder dem Kampfsporttrainer scheuen. Weniger die Größe einer Gemeinde entscheide darüber, ob rechte Strukturen erfolgreich zerschlagen oder verhindert werden können, sondern viel mehr die Konfliktbereitschaft der Menschen und der Gemeindeverwaltung. Beispielshaft zu dieser Analyse lässt sich unsere Kritik an der Ganderkeseer Gemeindegesellschaft bezüglich des Verhaltens nach dem Brandanschlag 2020 im ersten Teil des Jahresberichts lesen (Siehe: Antifaschistischer Jahresbericht 2022 (1): Ganderkesee). In „Rechte Bedrohungsallianzen“ ist diesbezüglich auch davon die Rede, dass die Sorge um das Image der Gemeinde und der falsche Wunsch nach Harmonie seitens der Verwaltung, der lokalen politischen Eliten und der Gemeindegesellschaft zu Normalisierungsprozessen rechter Bedrohungen führe.

Zurück zu Danny Gierden: Wenn dieser in seinem Berufsalltag mit den Recherchen zu seiner Person konfrontiert wird, leugnet er zwar keinesfalls, dass er in der Welt des Kampfsports mit Nazis zu tun hat, distanziert sich selbst aber „von Rechts“ und behauptet, seine Tätigkeit auf der Matte sei gänzlich unpolitisch. Ob er das selbst glaubt, ist fraglich, jedoch für seine Tätigkeit auch irrelevant. Fakt ist: Gierden bewegt sich sportlich und in seiner Freizeit in den Kreisen einer rechten Mischszene aus Hooligans, Rockern, Türstehern und Kampfsportlern, darunter auch militanten Rechte. Das beweisen Bilder von professionellen Wettkämpfen, Trainingssessions, von Hooligankämpfen sowie freundschaftliche Erinnerungsbilder, beispielsweise mit Mitgliedern des „zentrale[n] Label[s] für die regionale rechte Kampfsportszene“, dem „Nordic Fightclub Bremen“, die in seinem Gym trainieren.

Darüber hinaus geben seine Facebook-Likes aufschluss über seine Gesinnung; diese versuchte er nicht einmal im Zuge der öffentlich gemachten Recherchen über ihn zu revidieren: da wäre zum einen die extrem Rechte Kleidungsmarke „Erik & Sons“, „Sport Frei Extremsport“ sowie die „Radikal Kameraden“ aus Bremen, welche weiter unten noch Erwähnung finden werden.

Das Kampfteam des „Chang Tong Gym“ tritt professionell auf und kämpft mit seinem aktuell erfolgreichsten Kämpfer Tobias Balzer vor Hunderten Zuschauenden, beispielsweise im Pier 2 in Bremen am 03.12.2022. Balzer tritt bei den Veranstaltungen von „Hype FC“ sowie bei der „German MMA Championship“ (GMC) an, die als Sprungbrett in die international führende „Ultimate Fighting Championship“ (UFC) gilt. Laut der Website „Taupology“ ist Balzer auf Rang 88 von 174 MMA-Kämpfern in seiner Gewichtsklasse. (Stand: Ende Dezember 2022) Auch der zweite Arbeitsort seines Trainers Danny Gierden, das „Life Studio“ in Ganderkesee, unterstützt den MMA-Kämpfer Balzer mit Körperzusammensetzungsanalysen.

Tobias Balzer und Danny Gierden nach dem Kampf am 28.05.2022 in Oberhausen. Bildquelle: Screenshot von dem YouTube-Kanal „GMC“

Neben Gierden ist Björn Pods Trainer des Fightteams des „Chang Tong Gym“. Jener Björn Pods scheint wie Gierden und sein Umfeld eng mit der Bremer Hooligan-Gruppe „Standarte Bremen“, vormals „Standarte 88“, verbunden zu sein. Seine Tätowierungen zeigen des Weiteren Motive der nordischen Mythologie wie einen Thor-Hammer und ein Keltenkreuz, welche in der rechten Szene gern genutzt werden.

Urlaubsfoto aus Dubai (v.l.n.r): Björn Pods, Tobias Balzer und Danny Gierden. An Pods‘ Bein zu erkennen: eine „H“(-ooligan)-Tätowierung. Bildquelle: Meta

Seine Facebook-Aktivitäten weisen ihn außerdem als Sympathisanten der AfD aus, wobei er nicht nur deren Fraktionsseite liked, sondern auch selber Inhalte wie ein ästhetisch an „Black Lives Matter“ angelehntes „Unvaccinated Lives Matter“-Bild oder Posts über angeblichen Wahlbetrug teilt. Unter seinen Facebook-Freunden befinden sich mehrere Personen, die offen ihre extrem Rechte Gesinnung zur Schau stellen.

Links: Der bekannte Neonazi Felix Stolte (rechts) gratulierte Björn Pods (links) zum Geburtstag. Beide tragen auf diesem Bild ein „offizielles“ T-Shirt der „Standarte Bremen“ mit der Aufschrift „Unterstützer“. Bildquelle: Screenshot Meta                   Rechts: Eine Grafik von dem T-Shirt ohne Verfremdungseffekt. Bildquelle: Standarte Bremen

Björn Pods wohnt vermutlich in Oldenburg und war in der Vergangenheit für den „Polizeisportverein Oldenburg e.V.“ im Ju-Jutsu aktiv. Es überrascht daher nicht, dass Pods zur „City Crew Oldenburg“ gehört, in welchem sich diverse Angehörige der rechten Mischszene tummeln.

Björn Pods (5.v.l.; rote Schuhe) bei einem Besuch des „City Crew Oldenburg“/„33 Oldenburg“ bei der Rockergruppe „Legion Northland“ auf dem Koems-Gelände in Harpstedt am 18.06.2022. Bildquelle: Screenshot Meta

Dass Balzer nicht weiß, in was für einem Umfeld sich seine beiden Trainer bewegen, ist unwahrscheinlich. Die Beziehung zu ihnen ist offenbar so eng, dass er mit Gierden, Pods sowie dem Unternehmer Torsten Schreiber (Danny Gierdens „Bester“) zusammen in den Urlaub nach Dubai flog. Darüber hinaus postete Balzer ein Bild mit Gierden, das er mit den Worten „Trainer…Freund…FAMILIE“ überschrieben hat. Torsten Schreiber wiederum sponsort Balzer nicht nur in seiner sportlichen Karriere, sondern ist zugleich sein Arbeitergeber als Inhaber von „Gerüstbau T. Schreiber“. Weiterer Sponsor von Tobias Balzer ist „Vitaminpunkt GmbH“ aus Delmenhorst.

Tobias Balzer (Mitte), neben seinem Sponsor Thorsten Schreiber (links) und Danny Gierden (rechts), präsentiert Produkte der Kampfsportmarke „Venum“. Der Post wurde von 132 Personen geliked, darunter auch der CDU-Kandidat Silvio Voigt. Bildquelle: Screenshot Meta

Das Team des „Chang Tong Gym“ besteht jedoch aus mehr Menschen als aus Danny Gierden, Björn Pods und deren Star-Kämpfer Tobias Balzer. Und – wenig überraschend – auch Nils Steiner, offenbar auch Angestellter des Studios, präsentiert sich online als extrem Rechter. Dabei geht er auch nicht gerade subtil vor: unter seinen Facebook-Likes findet sich die Junge Alternative und andere AfD-Seiten, das Neonazi-Kampfsportevent „Tiwaz“ sowie das für seine neonazistisch gesinnten Kämpfer und Trainer bekannte „Imperium Fight Team“ aus Leipzig. Außerdem gibt es auch bei Steiner eine Überschneidung von Neonazismus und Sympathien für Rocker wie die „Hells Angels“, die er ebenfalls öffentlich auf Facebook präsentiert.

Tobias Balzer, Danny Gierden und Nils Steiner (v.l.n.r.) vor dem Krafttraining im „Life Studio“ in Ganderkesee am 15.04.2022. Bildquelle: Meta

Was eine solche Gesinnung in Kombination mit der körperlichen Ertüchtigung durch Kampfsport in der Realität für Konsequenzen haben kann, zeigt ein Post Steiners in der Facebook-Gruppe „Ganderkesee: Sicherheit für Frauen, Jugendliche und Kinder!“ vom 28.10.2016. In jenem schlägt er vor, in Ganderkesee eine Art „Bürgerwehr“ zu gründen und verweist dabei auf „positive“ Erfahrungen von „Bekannten aus Rostock/Leipzig“. Der Post wurde von sechs Personen geliked, darunter Silvio Voigt, der 5 Jahre später bei der Kommunalwahl 2021 für die CDU auf Listenplatz 11 in Wahlbereich 1 (Ganderkesee-Süd) kandidierte.

Facebook-Likes für Steiners Vorschlag, eine Art „Bürgerwehr“ in Ganderkesee zu gründen. Darunter: Silvio Meier, späterer CDU-Kandidat. Bildquelle: Screenshot von der Facebook-Gruppe „Ganderkesee: Sicherheit für Frauen, Jugendliche und Kinder!“

Wie ist dieser Zusammenhang aus rechtsorientierten Kampf(-sport)begeisterten nun abschließend einzuordnen? Felix M.Steiner schrieb für das Magazin „der rechte rand“ in der Ausgabe 178 im Mai 2019 in seinem Artikel „Zwischen Männlichkeit, Metapolitik und Straßenkampf“ als Fazit:

In den vergangenen Jahren hat sich die klassische Neonazi-Szene deutlich in Richtung ihrer subkulturellen Aktionsfelder orientiert. Aufmärsche, die seit Ende der 1990er Jahre als zentrale Aktionsform galten, gehen in der Anzahl und der TeilnehmerInnenstärke weiter zurück. Ihre Funktionen haben dabei RechtsRock- und Kampfsportveranstaltungen übernommen: So dienen diese nicht nur der Verbreitung von extrem rechter Ideologie und der Vernetzung der Szene, sondern eben auch als Finanzquelle.

Bei der extrem rechten Kampfsportszene folgt die aktuelle Entwicklung einem ähnlichen Muster wie bei der RechtsRockszene seit dem Beginn der 2000er Jahre. Nur verläuft diese heute deutlich rasanter, wohl auch aufgrund der vorhandenen Erfahrungen aus dem Geschäft mit der Hassmusik. Der Fanforscher Robert Claus spricht in den vergangenen Jahren sowohl von einer »Kommerzialisierung« als auch einer »Professionalisierung der Gewalt« beziehungsweise einem »rechten Hooliganismus«. Die Gefahren sind offensichtlich: Neonazis und rechte Hooligans werden ihre gewaltdurchsetzte Ideologie verstärkt auf die Straße tragen und das Gewaltpotential wird dadurch noch weiter steigen.

Der rechte „MC Legion“

Eine wichtige Rolle in dieser rechten Mischszene in der Region spielen Motorradclubs (MCs). Das Milieu, das sich in Clubs wie dem „MC Legion“ mit Clubhaus in Havekost (Havekoster Straße 2, Gemeinde Ganderkesee) organisiert, ist im vorangegangenen Abschnitt über Danny Gierden und Björn Pods bereits angedeutet worden: es handelt sich um Hooligans, (Rotlicht-)Rocker, Türsteher, Kampfsportler und Neonazis, manchmal auch in einer Person. Oft besteht eine Verbindung zu den in Bremen seit 2013 verbotenen „Hells Angels“, deren Strukturen seitdem in das Bremer Umland ausstrahlen.

Dennis „Dolly“ Dollberg (2.v.l.) und Danny Gierden (4.v.l.) auf einem Gruppenbild des „MC Legion“ + Umfeld vor dem Steakhaus „Roadhouse Route 6“ in Brinkum (Stuhr; Landkreis Diepholz) bei einer Weihnachtsfeier 2016. Bildquelle: Meta

Die „Legion“-Rocker waren zuletzt in den lokalen und überregionalen Medien präsent, da es eine öffentliche Auseinandersetzung über das rechte Umfeld des Fußballers Tim Wiese und den Umgang damit gab. Bereits 2013 wusste die taz über „MC Legion“ in einem Artikel zu berichten:

Zu 15 der derzeit 35 Leute der Legion lägen „kriminalpolizeiliche Erkenntnisse“ vor, unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Mitglieder der „Legion Bremen“ hätten sich unter anderem an den rechtspopulistischen Protesten anlässlich des Todes eines 21-Jährigen in Weyhe im Frühjahr 2013 beteiligt.

In der Affäre um Tim Wiese war vor allem dessen Bekanntschaft Stefan Ahrlich im Fokus, über den die taz zuletzt in einem weiteren Artikel schrieb:

Ahrlich war beim MC Legion involviert, einer Art Vorgruppe der Hells Angels mit Klubhaus in Stuhr. Er ist seit Jahren mit Rechtsrocker Hannes Ostendorf von „Kategorie C“ bekannt. Bei der rechtsextremen Hooligan-Gruppe „Standarte 88“ waren sie gemeinsam. 2015 löste sich die Truppe mit dem einschlägigen Zahlencode angeblich auf, wohl um sich einer Strafverfolgung zu entziehen. […] Der rechte Hooligan ist geschäftlich recht umtriebig. Nach außen hin fällt Ahrlich als Tattoo-Unternehmer und Betreiber eines „Limousinenservice“ auf. Zeitweilig fuhr ein NPD-Aktivist für ihn als Chauffeur.

Ahrlich gehört mittlerweile den „Radikal Kameraden Bremen“ an. Diese „Kameraden“ gratulierten dem „MC Legion“ bzw. dem Chapter „Legion Northland“ mit einem Geschenk zum 10. Geburtstag, den der „Legion Northland“ auf dem Koems-Gelände in Harpstedt am 18.06.2022 feierte. Den Tattoo-Service besorgt an diesem Jubiläumsabend „Sichtag Tattoo“, das Unternehmen Ahrlichs. Auch die oben erwähnte „City Crew Oldenburg“ pflegt Verbindungen zur „Legion Northland“, wie das Bild oben zeigt, auf dem auch Björn Pods zu sehen ist.

Stefan Ahrlich (3.v.l.) von den „Radikal Kameraden Bremen“ mit einem Geschenk für die Legion Northland zu deren 10. Geburtstag. Auf dem Geschenk steht noch der alte Name „Legion Bremen“ anstelle von „Legion Northland“. Bildquelle: Meta

Weitere gratulierende Gruppen, die mit Abordnungen erschienen, sind die „MC Red Devils Oldenburg“, ein Bruder-Klub der „Hells Angels“, sowie die „Hells Angels Key Area Delmenhorst“. Letztere kamen unter Führung ihres Präsidenten Andree Pröhl, der früher Präsident der „Hells Angels Bremen“ war und u.a. wegen Menschenhandels verurteilt ist. Außerdem überbrachte der „Backbone MC“, ein überwiegend aus ehemaligen Fallschirmjägern bestehender Club, seine Glückwünsche.

Am 17.12.2022 veranstaltete die „Legion Northland“ im Koems in Harpstedt eine Weihnachtsfeier, zu der u.a. Rocker der „Hells Angels MC North Line“, des „Coroner MC“ und von „Invictus Germanus“ kamen. Auch Danny Gierden ließ sich bei diesem Anlass blicken, als ehemaliges „MC Legion“-Mitglied war natürlich auch Stefan Ahrlich anwesend.

Unterwegs im Landkreis Oldenburg: Der „MC Legion“ mit dem Patch „Legion Bremen“ und „Legion Nomads“ auf Ausfahrt durch Wildeshausen im April 2022 (links) und im „Golfclub Hatten e.V.“ in Tweelbäke-Ost (Gemeinde Hatten) im Oktober 2022 (rechts). Bildquellen: Screenshot Meta

Was die meisten Netzwerke der extremen Rechten im Landkreis und in der Gemeinde Ganderkesee (Siehe: Antifaschistischer Jahresbericht 2022 (1): Ganderkesee), seien es nun Rocker, Kampfsportler oder Burschenschaften, gemeinsam haben, ist ihre Eigenschaft als Männer-Bande. Die Gruppe „unwritten future“ legte in einer Rede aus dem Jahr 2018 eine lesenswerte Analyse zu Männer-Banden in kapitalistischen Gesellschaften vor, aus der wir im Folgenden ausschnittsweise zitieren, da wir die Analyse nach unserer Beschäftigung mit den diversen Gruppen als höchst passend empfanden:

Wir reden über Strukturen, die sich weit in den so genannten vorpolitischen Raum erstrecken und die eines gemeinsam haben: es sind Strukturen in denen Männer auf Basis persönlicher, informeller Kontakte und Seilschaften geschäftliche, sportliche, kulturelle und politische Aktivitäten betreiben. Derartige Männer-Banden gibt es nicht nur im neonazistischen Umfeld: sie sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig und eins haben sie immer gemeinsam: die Zusammenrottung von Männern, die sich als gewaltbereite Verteidiger ihrer Gemeinschaft in Szene setzen. Frauen kommen bei diesen Inszenierungen selten vor, oder werden in den Hintergrund gedrängt, selbst wenn ihre Tätigkeiten faktisch eine wichtige Rolle spielen.

Und diese Art von Männer-Banden kritisieren wir auch dann, wenn sie keine rechte politische Ausrichtung haben. Weil sie Ausdruck patriarchaler Strukturen sind, Zugang zu Macht an Geschlechtszugehörigkeit, Gewalt entweder als Selbstzweck oder zu Durchsetzung ihrer Eigeninteressen nutzen und persönliches Wohlwollen koppeln und in aller Regel ein ultra-sexistisches Weltbild teilen und verbreiten.

Die ganze Rede könnt ihr hier nachlesen: www.unwritten-future.org/index.php/raete-statt-rackets/#more-2834

Sonstiges

Abschließend erwähnen wollen wir noch die Verurteilung eines Ganderkeseers aufgrund eines Vorfalls vom 28.12.2019 in Wildeshausen im Januar 2022. Laut einem Artikel der „Kreiszeitung“ zeigte der damals 23 jährige im Club „5 Elements“ den Hitlergruß, bedrohte auf dem Nachhauseweg zusammen mit einem Freund einen Passanten sowie seine Begleiterinnen, wobei er abermals den Hitlergruß zeigte und griff letztlich vor einem McDonalds, u.a. mit einem Teleskopschlagstock, zwei Kunden an, die sich über seine Lautstärke beschwert hatten. Das Amtsgericht Wildeshausen verurteilte ihn zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung.

 

Edit: Kleinere Fehlerkorrekturen.